Erinnern mit digitaler Theateraufführung
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- Erstellt: Mittwoch, 17. Juni 2020
Über 100 Zuschauer*innen aus ganz Deutschland, Frankreich und Israel gingen am 3. und 10. Juni 2020 im Rahmen des Stationen-Theaters „Karussell der Erinnerung“ auf eine digitale Theaterreise in die Vergangenheit und zurück in die Gegenwart. Ausgangspunkt war der Erinnerungsort Alter Schlachthof. Zentral war die Frage: Welche Botschaft hinterlassen uns die Überlebenden von damals heute-hier? „Theater im digitalen Raum ist beschränkt durch den zweidimensionalen Bildschirm, über den das Team von Theaterkunst Köln das Stück sendet. Diese Begrenzung lässt sich allerdings durchbrechen, indem über Videochat während und nach der Aufführung zum Dialog mit den Zuschauer*innen eingeladen wird. Der direkte Kontakt ist nur einen Mausklick entfernt!“ so Andreas Schmid, Regisseur und künstlerischer Leiter des Projekts, das nun mit Unterstützung des Erinnerungsortes Alter Schlachthof zur digitalen Erstaufführung gebracht wurde.
Die digitale Aufführung begann am Erinnerungsort Alter Schlachthof auf dem Campus der Hochschule Düsseldorf. Von 1941 – 1944 war hier die Sammelstelle für annähernd 6000 jüdische Männer, Frauen und Kinder, die in Ghettos deportiert wurden. Darunter auch die 6jährige Edith Bader-Devries aus Weeze, die zusammen mit ihren Eltern ins Ghetto Theresienstadt deportiert worden war. Sie überlebte mit ihren Eltern. Ihre Geschichte stand im Mittelpunkt der Aufführung. Groß war die Überraschung, als sich die heute 84jährige Edith über Zoom in die Aufführung einklinkte.
Das Theaterstück basiert auf behördlichen und privaten Dokumenten des Erinnerungsortes Alter Schlachthof sowie aktuellen Äußerungen von Edith Bader-Devries, die heute in Düsseldorf lebt.
Aufgrund ihrer eigenen Erfahrungen als Überlebende der Shoah formulierte sie ihre Botschaft zu den gegenwärtigen humanitären Fragestellungen: „Nicht mit zu hassen, mit zu lieben bin ich da!“ Eine Einspielung aus der Dokumentation „Forgotten Faces of Moria“ von Ahmad Ali Ahmedi führte plastisch vor Augen, wie groß die Not der geflüchteten Menschen unserer Gegenwart im Camp Moria auf der griechischen Insel Lesbos ist, wo 20.000 Männer, Frauen und Kinder zusammengepfercht leben müssen, obwohl der Platz ursprünglich nur für 2.000 Menschen gedacht ist.
„Erinnern heißt Handeln“, diesen Satz von Esther Bejarano, die Auschwitz überlebte, nehmen die Mitglieder des Refugee-Support-Projektes der Hochschule Düsseldorf ernst und engagieren sich für geflüchtete Menschen heute. Bei der Diskussion im Anschluss an die Theaterinszenierung konnten auch sie ihre Arbeit kurz vorstellen.
Die Produktion von theaterkunstkoeln e.V. in Kooperation mit dem Erinnerungsort Alter Schlachthof (Hochschule Düsseldorf) wurde gefördert durch die Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ und die Landeszentrale für politische Bildung NRW.
www.theaterkunstkoeln.de/das-karussell
www.fb.com/daskarusselldererinnerung
www.erinnerungsort-duesseldorf.de
Adelheid Schmitz