20 Jahre: Gedenkfeier zum Bombenanschlag am S-Bahnhof Düsseldorf Wehrhahn
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- Erstellt: Dienstag, 28. Juli 2020
Die mit TNT gefüllte Rohrbombe hing am Geländer der Fußgängerbrücke, die von der Ackerstraße zum S-Bahngleis führt. Sie detonierte am 27. Juli 2000 gegen 15.00 Uhr, gerade dann als zwölf Personen, davon sechs jüdischen Glaubens, die Stelle passierten. Mehrere von ihnen wurden schwer verletzt, eine Schwangere verlor ihr ungeborenes Kind. Nur mit Glück kam niemand ums Leben. Viele der Betroffenen leiden bis heute seelisch an den Folgen des Terroraktes. Die Menschen waren erst kurz zuvor aus Russland, der Ukraine, Kasachstan und Aserbaidschan eingewandert und kamen gerade von einem Sprachkurs, als sie Opfer des antisemitischen und rassistischen Attentats wurden.
Der Angriff habe all ihre Hoffnungen und Pläne für ein neues Leben in Deutschland durchkreuzt, sagte eine Betroffene des Anschlags, Ekaterina Pyzova, auf der gestrigen Gedenkfeier am Ort des Verbrechens. Sie habe sich damals von Polizei und Politik im Stich gelassen gefühlt, bis heute warte sie auf Antworten und eine Aufklärung des Falles. Zudem sei jede Form der Entschädigung ausgebleiben. „Bittere, bittere Grüße“, wolle sie deswegen an die politisch Verantwortlichen dieses Landes richten, hieß es in ihrer berührenden und kritischen Rede. Thomas Geisel sei der erste Oberbürgermeister der Stadt Düsseldorf in den 20 Jahren gewesen, der überhaupt das Wort an sie und die anderen Opfer des Anschlages gerichtet habe.
Tatsächlich war die Feier am 27. Juli 2020, die nach einer Begrüßung des Bezirksbürgermeisters Uwe Wagner mit einer Rede des Oberbürgermeisters eröffnet wurde, die erste offizielle Gedenkfeier seitens der Stadt. In den Jahren zuvor hatten Kundgebungen auf Initiative von „Düsseldorf stellt sich quer“ stattgefunden, die ebenfalls mit einer Rednerin vertreten waren. Aus Sicht des Bündnisses, dass sich gegen Rechtsextremismus und Rassismus engagiert, ist eine unzureichende Ermittlungsarbeit der Polizei ursächlich für die offenen Fragen. DSSQ machte deutlich, dass die Verharmlosung der Gefahr rechten Terrors nicht nur damals, sondern auch heute noch problematisch ist. Die Ehrenvorsitzende der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf, Ruth Rubinstein, rief mit Bezug auf Paul Spiegel zu einem erneuten „Aufstand der Anständigen“ gegen Antisemitismus auf: „Wir müssen dafür sorgen, dass eine Gedenkveranstaltung nicht Teil eines Rituals wird, nur um dem Anlass zu entsprechen. Dass wir nicht nur einen Moment an unschuldige Menschen denken, die ermordet oder schwer verletzt wurden oder werden, sondern dass wir daraus Schlüsse ziehen, die wir alle mit in unseren Alltag nehmen und leben.“
Am Geländer des S-Bahnhofes erinnert seit Mai 2020 eine Gedenktafel an den Anschlag und geht kurz auf die Hintergründe ein. Die Tafel wurde vom Arbeitskreis Erinnern der Stadt Düsseldorf unter aktiver Beteiligung des Erinnerungsortes Alter Schlachthof/ FORENA entwickelt. Zusätzlich zur Informationstafel wurde außerdem eine Gedenkplakette am Fußgängerübergang angebracht, die den Anschlagsort in künstlerischer Form markiert, eine Arbeit von Maurice Uhrhan (2020).
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