SS-Netzwerke in der Kriminalpolizei in Nordrhein-Westfalen in den 1950er-/60er Jahren?
Im Herbst 1959 sorgte die Gewerkschaft ÖTV mit einer Pressekampagne für Aufsehen: sie deckte die NS-Vergangenheit hoher Kriminalpolizeibeamter westdeutscher Großstädte auf. Ehemals hochrangige SS-Angehörige fungierten als Leiter der Kriminalpolizei u.a. in Düsseldorf, Köln, Duisburg, Essen, Gelsenkirchen, Leverkusen und Krefeld. Ehemalige SS-Angehörige saßen auch in der Polizeiabteilung im NRW-Innenministerium. Den Beschuldigten gelang es seinerzeit, den Verantwortlichen in Regierung und Innenministerium sowie der Öffentlichkeit glaubhaft zu versichern, sie hätten nur einen ihrem jeweiligen Beamtendienstgrad entsprechenden SS-Rang erhalten („Dienstgradangleichung“), aber der SS nicht angehört (vgl. Stefan Noethen: Alte Kameraden und neue Kollegen, Essen 2003). Anhand von SS-Offiziers- und Personalakten der Betroffenen soll überprüft werden, ob es tatsächlich ein regelrechtes SS-Netzwerk in Innenministerium und Kriminalpolizei gegeben hat. Das Projekt steht im Zusammenhang mit den Arbeiten für den Erinnerungsort Alter Schlachthof, der sich explizit nicht nur mit den an diesem historischen Ort begangenen Verbrechen auseinandersetzt, sondern auch mit den Folgen des Nationalsozialismus.
Ein Aufsatz, der die wesentlichen Ergebnisse zusammenfasst, wurde hier publiziert:
Schröder, Joachim: Ein SS-Netzwerk in der nordrhein-westfälischen Kriminalpolizei. Hintergründe und Folgen einer Pressekampagne der ÖTV aus dem Jahr 1959, in: Fleermann, Bastian (Hg.): Die Kommissare. Kriminalpolizei in Düsseldorf und im rheinisch-westfälischen Industriegebiet (1920-1950), Düsseldorf, Droste-Verlag, 2018, S. 400 – 411.